16. April 2019

Katrine Engberg: Blutmond

Das erste Buch der Dänin Katrine Engberg wurde letztes Jahr auf Deutsch veröffentlicht. Ich habe „Krokodilwächter“ nicht gelesen, obwohl der Thriller vielversprechend klang. Umso gespannter war ich nun, als ich das zweite Buch der Autorin in die Hände bekam, in dem nicht nur das gleiche Polizeiteam ermittelt, sondern auch andere Figuren aus Engbergs Debüt vorkommen. Wenn man eine Serie mit Band zwei beginnt, gestaltet sich der Einstieg in die Geschichte ja manchmal als schwierig – hier gelingt er aber problemlos, was mir schon mal gefallen hat.


Ein „Blutmond“ kündigt sich in dem gleichnamigen Thriller an, der in der Nacht zu einem 28. Januar beginnt, sechs Tage vor dem Naturschauspiel. Die Hauptfiguren scheint das herzlich wenig zu interessieren: Polizeiassistent Jeppe Kørner ist gerade tiefenentspannt und mit neuer Freundin von einer Australienreise zurückgekehrt und seine Kollegin Anette Werner mit gesundheitlichen Problemen beschäftigt. Außerdem steht ganz Kopenhagen im Zeichen der alljährlichen Fashion Week. Doch schon eine Pre-Party endet tödlich: Modekönig Alpha Bartholdy wird leblos in einem Park aufgefunden. Schnell stellt sich raus: Der TV-Promi hatte nicht nur Fans, sondern auch Feinde. Im Zuge der Polizeiermittlungen erhält der Leser einige Einblicke in deren Leben, aus ihren eigenen Perspektiven. Außerdem lernt er ein paar Protagonisten kennen, die er noch gar nicht einordnen kann. Wie alles zusammenhängt, scheint rätselhaft. Polizeiassistent Jeppe Kørner muss sich allerdings bald eingestehen, dass ein Name relativ oft genannt wird – und zwar der Name eines seiner langjährigsten Freunde, der überdies nicht auffindbar ist …

Katrine Engberg führt ihre Ermittler genau wie ihre Leser mehrmals in die Irre. Das gelingt ihr außerordentlich gut, ohne dass der Plot allzu verwirrend wird. Das einzige, was mich leicht gestört hat, war die Starrköpfigkeit der Hauptfigur: Jeppe weiß, dass er befangen ist, lässt sich davon jedoch nicht stören und begehrt auch noch trotzig auf, wenn die Kollegen ihn aus guten Gründen außen vor lassen – das hat manchmal genervt, genau wie die mangelnde Kooperationsbereitschaft von gewissen Verdächtigen. Das Zwischenmenschliche kommt nicht zu kurz, steht aber auch nicht im Mittelpunkt. Obendrauf gibt’s ganz viel Kopenhagen-Atmosphäre, gepaart mit klirrender Januarkälte, deren Beschreibung einen schon beim Lesen frösteln lässt. „Blutmond“ ist facettenreich, raffiniert und toll geschrieben – einzelne Sätze und Passagen wirken richtiggehend poetisch, die Mordmethode dagegen wird so nüchtern-präzise geschildert, dass man sich dem Grauen kaum entziehen kann. Dazu gibt‘s den ein oder anderen netten Cliffhanger und in der zweiten Hälfte entwickelt sich die Geschichte irgendwann zum Pageturner. Trotzdem würde ich sie nicht dem Thriller-, sondern dem Krimigenre zuordnen. Für alle Fans des Ermittlerteams gibt’s noch die gute Nachricht, dass in Dänemark bereits der dritte Teil der Serie erschienen ist. Ich werde nicht zum letzten Mal von Jeppe Kørner gelesen haben.

Verlag: Diogenes
Seitenzahl: 480
Erscheinungsdatum: 20. März 2019
ISBN: 978-3257070583
Preis: 24,00 € (E-Book: 20,99 €, nur ePUB)

Ich habe dieses Buch als Rezensionsexemplar erhalten.

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