Gesa Neitzels „Frühstück mit Elefanten“ wurde 2016 ein Bestseller. Die junge Deutsche, die sich in Botswana und Namibia zur Rangerin ausbilden ließ und so authentisch wie sympathisch von Erfolgen, Rückschlägen und vor allem der faszinierenden Wildnis des südlichen Afrikas berichtete, hatte irgendwie einen Nerv getroffen. Als ich nun Valentin Grüners „Löwenland“ entdeckte, war mein erster Gedanke, dass es eins dieser Nachahmer-Bücher sein könnte, die an Neitzels Erfolg anknüpfen wollen. Falsch gedacht! Es kann natürlich sein, dass der Verlag auch aufgrund der hohen Verkaufszahlen von „Frühstück mit Elefanten“ Berichten aus dem Busch eher eine Chance gibt. Grüner hat aber seine ganz eigene, passionierte Geschichte zu erzählen, die lange vor der von Neitzel beginnt. Für mich war sie besonders interessant, weil ich Botswana, das Land, aus dem Grüner berichtet, ganz gut kenne. „Löwenland“ wird jedoch auch Leser*innen Spaß machen, die noch nie dort waren.
Valentin Grüner war schon als kleiner Junge von der Tierwelt Afrikas fasziniert, nachdem er die Safari-Dias seiner Tante gesehen hatte. Nach der Schule nahm er einen harten, aber gut bezahlten Job an, um sich die Reise ins südliche Afrika leisten zu können und arbeitete dort schließlich in einem Touristencamp. Dass er das von seiner Mutter verstoßene Löwenjunge Sirga aufzog, brachte ihm vor ein paar Jahren unerwarteten Social-Media-Ruhm: Ein kanadischer Tourist filmte, wie die inzwischen ausgewachsene Löwin ihren menschlichen Freund begrüßte. Die Aufnahmen fanden ohne dessen Wissen oder gar Einverständnis ihren Weg ins Netz, zudem gab das Video keinen Aufschluss darüber, wer und wo genau dort eine Löwenumarmung bekam. Die lauffeuerartige Verbreitung des Videos nutzte Grüner also erstmal gar nichts.
Inzwischen vermarktet er seine Geschichte selbst, um für seine Ziele und sein Unternehmen zu werben: Grüner ist Mitbegründer des Modisa Wildlife Project, das Touristen in Zukunft ermöglichen soll, Tier- und Naturschutz in Botswana hautnah und ressourcenschonend mitzuerleben. Seine Mission ist, einen Beitrag zur Erhaltung der noch wilden Gebiete Botswanas und der Artenvielfalt zu leisten. Dafür lebt er selbst sehr spartanisch und nimmt einiges auf sich. Mit am meisten beeindruckt hat mich die eher technische Beschreibung, wie Grüner im Alleingang sein früheres Camp in sein neues Reservat umgezogen hat: Mit einem Truck hat er alles in großen Schiffscontainern von a nach b gebracht (was pro Container und einfache Strecke 26 Stunden dauerte) – und diese dabei im Alleingang auf den LKW ge- und wieder entladen. Diese Mischung aus Schufterei und Einfallsreichtum fand ich wirklich faszinierend. Wie großartig Fauna und Flora in Botswana ist, wusste ich schon vor der Lektüre, aber was ein Mensch schaffen und auch entbehren kann, wenn er sich ihrem Schutz mit Haut und Haaren verschreibt, ist mehr als beeindruckend.
Und so ist „Löwenland“ zwar ein Buch über eine ungewöhnliche und bezaubernde Freundschaft zwischen Mensch und Tier, viel mehr aber noch ein passionierter Aufruf zum Naturschutz von einem, der mit bestem Beispiel vorangeht. Es liest sich interessant und kurzweilig und bringt den Leserinnen und Lesern einen weit entfernten Teil der Erde und dessen Schönheiten etwas näher.
Verlag: Rowohlt Polaris
Seitenzahl: 192
Erscheinungsdatum: 22. März 2022
ISBN: 978-3499007804
Preis: 17,00 € (E-Book: 12,99 €)