Pageturner mit kleinen Schwächen.
Agatha Christie führt mich meistens sehr erfolgreich hinters Licht. Hier hatte ich allerdings schon früh einen Verdacht, weil ich mir ein mögliches Tatmotiv vorstellen konnte, das sich am Ende des Whodunits dann tatsächlich bestätigte. „Mord im Spiegel“ hat mich aber dennoch bestens unterhalten.
Miss Marple ermittelt – allerdings die meiste Zeit aus ihrem eigenen Wohnzimmer heraus. Die alte Dame hat durch eine schwere Bronchitis einiges von ihrer Rüstigkeit eingebüßt. Ihr besorgter Neffe hat sogar eine Pflegekraft bei ihr einquartiert, die ihr mächtig auf die Nerven geht. Über die Geschehnisse in ihrem Wohnort St. Mary Mead ist sie aber nach wie vor gut informiert, denn unter anderem ihre Freundin Mrs. Bantry versorgt sie mit den neuesten Entwicklungen. Deren altes Haus, Gossington Hall (in dem viele Jahre zuvor „Die Tote in der Bibliothek“ ermordet vor dem Kamin lag, nachzulesen im gleichnamigen Krimi), wurde an eine berühmte amerikanische Filmschauspielerin namens Marina Gregg verkauft – ein Umstand, dem Mrs. Bantry die Einladung zur Einweihungsfeier verdankt. Die Party findet jedoch ein jähes Ende, als einer der Gäste stirbt. Das Opfer, Mrs. Badcock, hat einen vergifteten Cocktail getrunken. Doch wer könnte ein Interesse daran gehabt haben, die Sekretärin eines Wohltätigkeitsvereins zu ermorden – und das vor aller Augen?
„Mord im Spiegel“ ist der achte von insgesamt zwölf Miss-Marple-Krimis. Er wurde 1962 veröffentlicht, 32 Jahre, nachdem der erste Fall der Hobbydetektivin erschien – kein Wunder, dass sie inzwischen in die Jahre gekommen ist! Dass Mrs. Marple ihre Informationen nur aus zweiter Hand erhält, stört weniger, als ich zu Beginn befürchtete. Ihr Hadern mit Alter und Gebrechlichkeit ist nachvollziehbar geschildert und gibt der Geschichte noch eine neue Facette. Weniger gelungen fand ich, dass die Auflösung am Ende relativ rasch abgehandelt wurde und nicht alle offenen Fragen beantwortete – das ist normalerweise nicht Agatha Christies Stil. Die ein oder andere Verwicklung wäre vielleicht auch nicht nötig gewesen. Einige von Christies anderen Cosy Crimes sind noch raffinierter konzipiert, doch ich habe auch diesen Krimi fast in einem Rutsch verschlungen und gespannt mitgerätselt. Solide Unterhaltung von der Queen of Crime!
Ich habe eine ältere Ausgabe von „Mord im Spiegel“ gelesen; aktuell im Handel ist diese erhältlich:
Verlag: Atlantik
Seitenzahl: 256
Erscheinungsdatum: 4. September 2015; „Mord im Spiegel“ erschien jedoch bereits 1964 erstmals auf Deutsch (und 1962 auf Englisch).
ISBN: 978-3455650587
Preis: 12,- € (E-Book: 8,99 €)