2. April 2018

Agatha Christie: The ABC Murders

Ich mag Cosy Crimes, klassische Whodunnits. Und ab und an lese ich gerne einen Krimi von der Großmeisterin der Whodunnits: Agatha Christie. Früher mochte ich ihre Miss Marple weitaus lieber als Hercule Poirot, aber inzwischen habe ich mich auch mit ihm angefreundet. Die meisten Romane über ihren belgischen Ermittler schrieb Agatha Christie in den 1930ern - sie sind also schon ordentlich in die Jahre gekommen, was man an der Sprache auch durchaus merkt. Doch ansonsten gilt: Mord verjährt nicht ... und Raffinesse auch nicht!


„The ABC Murders“ wurden bereits vor 82 Jahren zum ersten Mal veröffentlicht, als einer von den 33 Krimis, in denen Agatha Christie ihren Hercule Poirot ermitteln lässt – hier zusammen mit seinem Freund Captain Hastings, der die Rolle eines Sidekicks einnimmt und so ahnungslos ist wie der Leser. Bzw. ist der Leser so ahnungslos wie er – Captain Hastings fungiert nämlich auch als Erzähler. In einem Vorwort kündigt er an, auch einige Szenen zu schildern, bei denen er nicht präsent war, die er aber im Nachhinein glaubt, wahrheitsgetreu aufschreiben zu können. Diese Szenen machen einen besonderen Reiz des Buches aus: Durch sie weiß der Leser mehr, als Captain Hastings während des jeweiligen Standes der Ermittlungen wissen konnte. Doch Christie wäre nicht Christie, wenn sie ihren Lesern nicht trotz deren Wissensvorsprüngen stets eine ordentliche Nasenlänge voraus wäre.
„The ABC Murders“ beginnen vielversprechend: Poirot erhält einen Brief, in dem er von einem Unbekannten herausgefordert wird. Dieser nennt sich ABC und kündigt einen Mord an – mit Datums- und Ortsangabe. Poirot ist beunruhigt, während die Polizei das Schreiben nicht ernst nimmt. Dann geschieht jedoch tatsächlich ein Mord in der Ortschaft Andover, am angekündigten Tag. Und bald erhält Poirot den nächsten Brief von ABC …

Christie scheint sich hier auf ungewohntem Terrain zu bewegen: Mit ABC hat sie einen Serienmörder erschaffen, der sich vor Poirot brüsten will. Doch reicht das als Motiv für mehrere kaltblütige Morde? Poirot selbst steht vor einem Rätsel. Der Mörder scheint ungehindert agieren zu können, ohne dass der belgische Detektiv mit dem stolzen Schnurrbart irgendeine Chance hat, einzugreifen. Doch dann, im furiosen Finale, holt er wie gewohnt aus. Und Christie lässt ihre Leser mal wieder ungläubig-fasziniert zurück.
 „The ABC Murders“ sind ein gelungenes Beispiel dafür, dass gute Krimis nicht aus der Mode kommen. Inhaltlich kann der Fall mühelos mit heutigen Cosy Crimes mithalten (wobei ein Serienmörder vielleicht nicht ganz so cosy ist, wie man es sonst von Christie gewohnt sein mag). Einzig die Sprache wirkt etwas altmodisch und ich stieß im Englischen auf mehr unbekannte Vokabeln als bei zeitgenössischen Krimis. Doch das tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch. Agatha Christie ist und bleibt die Queen of Crime, die ihre Leser auch im 21. Jahrhundert noch mühelos verblüfft.

Verlag: HarperCollins
Seitenzahl: 331
Erscheinungsdatum dieser Ausgabe: 26. September 2013, der Krimi an sich erschien jedoch am 6. Januar 1936 erstmals.
ISBN: 978-0007527533
Preis: 6,99 € (E-Book: 5,99 €)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hallo, ich freue mich auf Deinen Kommentar! Bitte hab Verständnis, dass er nicht sofort online erscheint, da ich ihn erst freischalten muss.