Letztes Jahr hatten Horst Evers und ich quasi 10-Jähriges, denn seit 2007 lese ich seine Bücher. Und musste eben feststellen, dass ich inzwischen insgesamt sieben davon im Regal stehen habe – da können nicht viele Autoren mithalten! Von seinen zwei Romanen habe ich allerdings nur einen gelesen, „Der König von Berlin“, der meiner Meinung nach bei Weitem nicht an Evers‘ alltagsbeobachtende Geschichtenbände herankommt. Letztere liebe ich und hatte mir daher sein neuestes Buch „Der kategorische Imperativ ist keine Stellung beim Sex“ zu Weihnachten schenken lassen.
Horst Evers hat einen äußerst witzigen Blick auf alltägliche
Begebenheiten – vor allem auf alltägliche Begebenheiten, die ihm
passieren. Er ist die Hauptfigur in seinen Geschichten und schont sich
dabei nicht im Mindesten. Die Nebenfiguren kehren immer wieder –
Lebensgefährtin, Tochter, Nachbar, Onkel, Freunde -, man kennt sich nach
einigen Büchern. Doch nicht nur sie tauchen wiederholt auf: Äußerst
kunstvoll schafft es Evers immer wieder, einer Randbemerkung fünf
Geschichten weiter plötzlich Bedeutung beizumessen. Das ist eins seiner
Markenzeichen und über solche Passagen freue ich mich jedes Mal wieder.
Genau wie über die unvergleichliche Evers-Perspektive, mit der der Autor
über die Welt sinniert: Philosophisch, pragmatisch, mit viel Witz und
immer wieder ziemlich überraschenden Erkenntnissen.
Und so steht
„Der kategorische Imperativ ist keine Stellung beim Sex“ eigentlich in
guter Tradition zu den bisherigen Geschichtenbänden: „Die Welt ist nicht
immer Freitag“, „Gefühltes Wissen“, „Mein Leben als Suchmaschine“, „Für
Eile fehlt mir die Zeit“ und „Wäre ich Du, würde ich mich lieben“. Und
trotzdem … irgendwas war diesmal anders. Aber was? Voller Vorfreude hatte ich das Buch angefangen zu lesen und erst einmal war alles so, wie
es sein sollte. Schon die erste Geschichte ist typisch Horst Evers: Er
beschreibt, wie er einkaufen geht und für die Teenager-Tochter ein paar
Unterhosen besorgen soll. Von der großen Auswahl überfordert ruft er sie
aus dem Laden an und sie bittet ihn um WhatsApp-Fotos, um aus der Ferne
eine Entscheidung fällen zu können. Dass ein mittelalter Mann Mädchenunterwäsche fotografiert, ruft allerdings eine Verkäuferin auf den Plan und die
Geschehnisse nehmen ihren Lauf, werden mit Erinnerungen an andere
schräge Einkaufserlebnisse angereichert, es gibt zwei, drei unerwartete
Wendungen und raus kommt eine ziemlich lustige, ziemlich typische
Evers-Geschichte.
Aber irgendwie kamen nicht viele Geschichten an sie
ran. Einige waren überdreht, dafür mit weniger Witz – man kann sie alle
gut lesen, das Buch ist unterhaltsam … aber ich habe in Erinnerung,
mich über die Vorgänger deutlich mehr amüsiert zu haben. Sie waren
subtiler, mit mehr überraschenden Wendungen, mehr Komik. Nun grüble ich,
ob es an Horst Evers oder an mir liegt. Fällt ihm nicht mehr so viel
ein – oder finde ich es einfach nicht mehr so komisch wie früher? Ich
hoffe fast auf Ersteres und werde demnächst mal wieder in „Für Eile
fehlt mir die Zeit“ reinlesen.
Verlag: Rowohlt Berlin
Seitenzahl: 240
Erscheinungsdatum: 20. Januar 2017
ISBN: 978-3871341724
Preis: 16,95 € (E-Book: 14,99 €); die Taschenbuchausgabe soll am 24. April 2018 für 9,99 € erscheinen.
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