21. März 2021

Benedict Wells: Hard Land

Der Sommer seines Lebens.

Seit „Vom Ende der Einsamkeit“ greife ich ungesehen zu, wenn ich einen Roman von Benedict Wells sehe. Egal, was seine Protagonisten umtreibt, ich kann auf jeden Fall mit ihnen mitfühlen, denn Wells beschreibt ihr Innenleben so einfühlsam wie es nur wenigen Autoren und Autorinnen gelingt. Auch dieses Buch hat mich wieder komplett begeistert.


Eine von Benedict Wells' Figuren sammelt gelungene erste Sätze und ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr auch der Beginn von „Hard Land“ gefallen hätte: „In diesem Sommer verliebte ich mich, und meine Mutter starb.“ Was für ein Einstieg! Ich-Erzähler Sam berichtet davon, wie sich sein ganzes Leben innerhalb weniger Wochen verändert. Ein Leben, in dem sich der fast 16-jährige Außenseiter nicht allzu wohl fühlt: Seine Heimatstadt Grady ist ziemlich verschlafen, sein einziger Freund weggezogen, sein Vater arbeitslos und seine Mutter hat einen Hirntumor. Doch als er in den Sommerferien einen Job im örtlichen Kino annimmt, lernt er Cameron, Hightower und Kirstie kennen, die Grady im Herbst verlassen und aufs College gehen werden. Erst belächeln sie Sam, aber schließlich wird aus der Dreier- eine Viererclique. Und so wird dieser Sommer aufregend, wundervoll und komisch, aber auch todtraurig. Und am Ende ist Sam ein anderer.

Benedict Wells ist 1984 in München geboren, sein Roman spielt nur ein Jahr später in Missouri. „Hard Land“ liest sich allerdings so atmosphärisch dicht, dass nicht nur der Autor die staubigen Straßen des Mittleren Westens bestens zu kennen scheint, sondern man sie selbst vor sich sieht. Neben Gradys Kinoprogramm, das ein Wiedersehen mit „Zurück in die Zukunft“ und anderen Klassikern möglich macht, wird auch die Musik der 80er immer wieder erwähnt: sie läuft im Fernsehen, auf Partys und im Bruce-Mobil, in dem ausschließlich Springsteen-Songs gespielt werden dürfen. Am Ende des Romans hat Wells den Soundtrack zum Buch sogar aufgelistet; wobei ich schon beim Lesen Ohrwürmer von „I’m on fire“ und „Dancing with myself“ bekam.

Die Geschichte wirkt bis ins kleinste Detail stimmig, aber vor allem berührt sie. „Hard Land“ ist ein sensibel erzählter Coming-of-Age-Roman, der weder vor den großen noch kleinen Emotionen zurückschreckt, ohne je ins Rührselige abzudriften. Einfühlsam und vor allem großartig geschrieben, widmet er sich einem ganz besonderen Sommer und enthält dabei ein paar Wahrheiten, die nostalgisch und nachdenklich machen. Absolute Empfehlung.

Verlag: Diogenes
Seitenzahl: 352
Erscheinungsdatum: 24. Februar 2021
ISBN: 978-3257071481
Preis: 24,00 € (nur als Hardcover erhältlich, nicht als E-Book)

Ich habe dieses Buch als Rezensionsexemplar erhalten.

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