21. Juli 2019

E. O. Chirovici: Das Buch der Spiegel

Titel und Cover dieses Buches haben bei mir zunächst den Eindruck erweckt, es könnte sich um einen Fantasyroman handeln – ein Genre, das ich eher selten lese. Zum Glück habe ich mich davon nicht abschrecken lassen, denn sonst wäre mir ein beeindruckender Roman entgangen: Klug komponiert, voller überraschender Wendungen und ziemlich nachdenklich machend. Er schließt mit den Worten: „Ein großer französischer Schriftsteller hat einmal bemerkt, Erinnerung an Vergangenes sei nicht unbedingt Erinnerung an wirklich Geschehenes. Ich vermute, er hat recht.“ Diese Schlusssätze greifen das Kernthema des Romans auf: Kann man Erinnerungen wirklich trauen?


E. O Chirovici ist in Rumänien aufgewachsen und hat sich dort als erfolgreicher Autor etabliert, bevor er 2013 in die USA zog und mit „Das Buch der Spiegel“ seinen ersten Roman auf Englisch schrieb. Dieser wurde inzwischen in über 30 Länder verkauft, was mich kein bisschen wundert, denn er hat mir extrem gut gefallen.

„Das Buch der Spiegel“ hat einen klassischen „Buch im Buch“-Anfang: Der Literaturagent Peter Katz erhält ein unverlangt eingesandtes Manuskript und legt es zunächst einmal zur Seite, doch als er nach ein paar Wochen die Zeit dafür findet, liest er es und ist von der Lektüre sehr angetan. Dass diese irgendwann abrupt abbricht, ist nicht weiter verwunderlich, hat sich der angehende Autor doch an die Regeln der Literaturagentur gehalten und nur eine Leseprobe eingesandt. Katz versucht ihn zu kontaktieren, doch an den Rest des Manuskripts zu kommen, ist schwieriger als gedacht – es scheint verschollen. Und das ist nicht nur für den Literaturagenten äußerst ärgerlich, sondern auch für den „Das Buch der Spiegel“ in den Händen haltenden Leser, hat dieser doch zusammen mit Katz die ersten sechs Kapitel verschlungen und wüsste nun zu gern, wie es weitergeht.

Und wovon handelt nun das Buch im Buch? Der Autor Peter Flynn beschreibt darin, wie es ihm in seinem letzten Jahr in Princeton ergangen ist: „Für mich war es das Jahr, in dem ich mich verliebte und erkennen musste, dass es den Teufel wirklich gibt“. In wen sich Flynn verliebt hat, ist schnell klar: Psychologiestudentin Laura ist seine neue Mitbewohnerin und unterstützt einen renommierten Professor bei dessen Forschungen. Sie vermittelt Flynn den Job, dessen Bibliothek neu zu ordnen. So weit, so normal, doch am Ende dieses Jahres wird besagter Professor ermordet aufgefunden. Es macht den Anschein, als hätte Flynn Jahrzehnte später verstanden, was damals wirklich passiert ist und darüber ein Buch geschrieben – doch wo ist dieses Buch?

„Das Buch der Spiegel“ beginnt gleich doppelt spannend: Zum einen hat auch mich als Leser schnell interessiert, wer besagten Professor nun umgebracht hat, zum anderen rätselte ich mit Katz, wo denn das Manuskript mit der Auflösung des Falls geblieben war. Wie E. O. Chirovici es schafft, seine doppelgleisige Geschichte mit insgesamt vier verschiedenen Ich-Erzählern auf nur 380 Seiten zu erzählen, hat mich wirklich begeistert. Dabei hatte ich schon früh einen Verdacht, was den Mörder anging. Aber eigentlich ist der Mordfall trotz allem fast nebensächlich, denn viel mehr geht hier um die Macht der Erinnerung. Und obwohl „Das Buch der Spiegel“ eine ziemlich komplexe Komposition ist, lässt es sich wie ein spannender Krimi kaum mehr aus der Hand legen. Absolute Empfehlung!

Verlag: Goldmann
Seitenzahl: 384
Erscheinungsdatum: 18. Juni 2018
ISBN: 978-3442487554
Preis: 20,00 € (Taschenbuch: 10,00 €, E-Book: 9,99 €)

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