30. Dezember 2019

Lara Prescott: Alles, was wir sind

Starke Frauen.

„Doktor Schiwago“ habe ich nicht gelesen und auch den berühmten Film mit Omar Sharif nur einmal im Fernsehen gesehen – und das ist schon ewig her. Noch weniger als über den Inhalt des Klassikers wusste ich allerdings über die Geschichte seiner Veröffentlichung. Das hat sich durch diesen lesenswerten Roman geändert, der durch den transparenten Buchumschlag außerdem ein echter Hingucker ist:


Lara Prescotts Debüt „Alles, was wir sind“ dreht sich um die Publikations- und Rezeptionsgeschichte des russischen Romans „Doktor Schiwago“, die es in sich hat. Von offizieller Seite versuchte man seinen Autor Boris Pasternak schon während des von 1946 bis 1955 dauernden Schreibprozesses zu stoppen und verhaftete dessen Geliebte und Muse, Olga Iwinskaja, die Jahre im Gulag verbrachte. Nachdem der Roman fertiggestellt worden war, wagte in der UdSSR kein Verlag die Veröffentlichung. Im Ausland wuchs dagegen das Interesse an dem Text: Unter anderem die CIA hatte ein Auge darauf geworfen, denn wenn man der russischen Bevölkerung einen Text zugänglich machen würde, die die eigene Regierung ihr vorenthielte, würde das hoffentlich zur Schwächung ebendieser beitragen.

„Doktor Schiwago“ war also schon lange vor der Veröffentlichung des Romans ein grenzüberschreitendes Politikum. Autorin Prescott bringt es ihren Lesern nahe, indem sie die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählen lässt: Zum einen aus Olgas, der russischen Muse, die für den Text immer wieder ihre Freiheit aufs Spiel setzt. Auch Pasternak selbst kommt ab und zu zu Wort, aber nicht so häufig wie verschiedene CIA-Agentinnen, die von Washington aus versuchen, die Publikation des Textes in die Wege zu leiten. Und dann sind da noch die Stenotypistinnen; quasi der Schreibpool der CIA, bestehend aus überqualifizierten Frauen, die als bessere Sekretärinnen kurz gehalten werden – in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre war Karriere auch in den USA immer noch Männersache.

Wie der amerikanische Geheimdienst versuchte, Literatur im Kalten Krieg zu instrumentalisieren, fand ich spannend zu lesen. Speziell bei dem CIA-Handlungsstrang wollte Prescott aber vielleicht zu viel: Hier geht es auch noch um das Privatleben einzelner Agentinnen, das interessant erzählt ist und wiederum für die damalige Zeit sensibilisiert, aber nichts mehr mit „Doktor Schiwago“ zu tun hat. Überhaupt kommt das Buch im Buch, um das sich im Roman doch alles drehen sollte, stellenweise etwas kurz: Welche Inhalte nun dafür sorgten, dass „Doktor Schiwago“ in der UdSSR nicht erscheinen dürfte, die Amerikaner die Veröffentlichung jedoch mit allen Mitteln vorantreiben wollten, wird nicht weiter benannt.

„Alles, was wir sind“ liest sich ansonsten locker, gibt Einsichten in komplett unterschiedliche Lebenswelten und handelt von vielen starken Frauen, die sich nicht von ihren Wegen abbringen lassen. Ein Roman über die Macht der Literatur – ob der Text an sich die Politik jedoch wirklich auf irgendeine Art und Weise beeinflusst hat, lässt Prescott im Dunkeln.

Verlag: Rütten & Loening
Seitenzahl: 475
Erscheinungsdatum: 8. November 2019
ISBN: 978-3352009358
Preis: 20,00 € (E-Book: 14,99 €)

Ich habe dieses Buch als Rezensionsexemplar erhalten.

24. Dezember 2019

Donna Tartt: Der kleine Freund

Einsamkeit, Schlangen und ein verfehltes Thema.

Achtung, jetzt wird es unweihnachtlich. Harmonie oder Besinnlichkeit werden nicht aufkommen und auch einen Buchtipp für das perfekte Last-Minute-Geschenk kann ich nicht bieten. Wobei ich an dieser Stelle nochmal den Roman „Der Distelfink“ von Donna Tartt erwähnen möchte. Dieses Buch hat mich vor ca. drei Jahren bewegt und begeistert – leider habe ich damals noch nicht regelmäßig Rezensionen geschrieben. Dafür besorgte ich mir relativ schnell den Roman, den die Autorin vor dem „Distelfink“ veröffentlicht hatte. Gelesen habe ich ihn allerdings erst jetzt.


„Der kleine Freund“ ist Donna Tartts zweiter Roman. Die Autorin hat an dem 767 Seiten-Epos 10 Jahre lang gearbeitet und ich fand, dass die Handlung vielversprechend klang. Hauptfigur ist ein 12-jähriges Mädchen, eigensinnig, eigenbrötlerisch und überdurchschnittlich intelligent. Harriet wächst mit ihrer Schwester Allison und ihrer Mutter in Alexandria, einer Kleinstadt in den Südstaaten auf, in Nachbarschaft zu ihrer Oma und drei alleinstehenden Großtanten. Ihre komplette Kindheit ist von einem Familientrauma überschattet, das sich ereignet hat, als sie noch ein Baby war: Ihr damals neunjähriger Bruder Robin wurde am Muttertag erhängt im Garten seines Elternhauses aufgefunden. Die Identität des Mörders ist auch 12 Jahre später noch komplett unklar. Doch nun beschließt Harriet, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen …

Als ich mit „Der kleine Freund“ begann, habe ich keinen Krimi erwartet, aber das „eindringliche Porträt einer außergewöhnlichen Familie“, das der Goldmann Verlag auf dem Buchrücken anpreist. Außergewöhnlich ist die Familie Cleve dann auch tatsächlich, vor allem durch ihre Dysfunktionalität. Harriets Mutter ist vom Tod ihres Sohnes zutiefst traumatisiert, wandelt somnambul durch den Tag und kümmert sich so gut wie nicht um ihre heranwachsenden Töchter. Die ältere, Allison, 16 Jahre alt, tut es ihrer Mutter nach und flüchtet sich in den Schlaf, so oft sie kann. Der Vater arbeitet einige Stunden entfernt und lässt sich nur sehr sporadisch bei seiner Familie blicken. Den Haushalt aufrecht hält eine schlechtbezahlte, dunkelhäutige Angestellte: Ida.
Wie Donna Tartt – zwar nur am Rande, aber dennoch deutlich – den Südstaaten-Rassismus skizziert, war für mich noch das gelungenste an diesem Buch. In Alexandria gibt es alles: Südstaatenvillen mit ausschließlich dunkelhäutigen Bediensteten; alteingesessene Familien, denen das Geld langsam, aber sicher, abhandenkommt; Neureiche und den sogenannten „White Trash“, auf dessen Kinder Ida verächtlich hinabschaut. Tartts Figuren sind alle komplex, nicht einfach gut oder böse, Opfer oder Täter. Und viele von ihnen scheinen nie eine richtige Chance gehabt zu haben, sich anders zu entwickeln.

Aber das hätte die Autorin auch auf weniger Seiten verdeutlichen können. Stattdessen macht sie die Langeweile im Leben einer vernachlässigten 12-jährigen mit Händen greifbar. Hitze, Staub, Ereignislosigkeit und leichte Verwahrlosung – davon handelt dieses Buch. Und von einem Mädchen mit einer fixen Idee. Ich habe nicht gezählt, wie viele Kapitel ihrer Suche nach einer Schlange gewidmet sind, aber über die verschiedenen, in den Südstaaten und anderswo lebenden Exemplare, ihre Färbung und ihren Geruch habe ich mehr erfahren, als ich je wollte. Und was mich am meisten gestört hat: Der Roman führt zu nichts. Zwar gibt es einen durchaus dramatischen Showdown, aber das in den ersten Kapiteln umrissene Thema des Buches wurde komplett verfehlt. Nach vielen hundert Seiten fühlte ich mich schließlich um die eigentliche Geschichte betrogen. Und so war „Der kleine Freund“ für mich vor allem eine große Enttäuschung.

Aber neues Buch, neues Glück. Und jetzt wünsche ich erst einmal frohe Weihnachten und schöne Feiertage!

Verlag: Goldmann
Seitenzahl: 784
Erscheinungsdatum: 16. Oktober 2017
ISBN: 978-3442487325
Preis: 13,00 € (E-Book: 9,99 €)

17. Dezember 2019

Jojo Moyes: Mein Herz in zwei Welten

Gelungener Abschluss.

In dieser Adventszeit habe ich es schlichtweg verpasst, mir schön weihnachtlich angehauchte Lektüre zu besorgen. Stattdessen hänge ich seit Wochen in einem staubigen Südstaatenroman fest, den ich auf jeden Fall rezensieren werde, sobald ich ihn endlich beendet habe – nicht, weil er so lesenswert wäre, sondern weil ich das Gefühl habe, ihn mir gerade hart zu erarbeiten. Ende November las ich noch ein Buch ganz anderen Kalibers, da flog ich quasi durch die Seiten und die Lektüre hat mich stellenweise sehr berührt, obwohl ich nicht allzu viel erwartet hatte. „Ein ganzes halbes Jahr“ fand ich großartig, „Ein ganz neues Leben“ war eben die Fortsetzung, in der man die Hauptfigur durch eine verzweifelte Zeit begleitete. Jetzt noch ein dritter Band – musste das überhaupt sein?


Jojo Moyes entführt ihre Leser in „Mein Herz in zwei Welten“ wieder in das Leben von Louisa Clark, die zu Beginn des Buches ihren neuen Job als private Assistentin in Manhattan antritt, für den sie sich bereits am Ende von "Ein ganz neues Leben" entschieden hatte. Ihre Londoner Wohnung, ihre liebenswert schrullige Familie und ihren neuen Freund Sam hat sie zurückgelassen, um für die reiche Familie Gopnik zu arbeiten, bzw. für Agnes Gopnik – die zweite, noch relativ neue und deutlich jüngere Ehefrau von Mr. Gopnik, die von der erwachsenen Tochter des Hausherren verachtet und von der Haushälterin gehasst wird. Mrs Gopnik betrachtet Louisa bald als persönlichen Rettungsanker und beste Freundin – wobei Louisa sehr schnell klar wird, dass diese „Freundschaft“ eine absolute Einbahnstraße ist. Sie versucht, alles unter einen Hut zu bekommen: Die glamourösen Events, Agnes Eskapaden, ihre eigene Sehnsucht nach Sam. Stellenweise fühlte ich mich ein bisschen an „Der Teufel trägt Prada“ erinnert.
Aber dann nimmt der Roman eine unerwartete Wendung. Louisa findet nach und nach zu ihrem alten Selbst zurück bzw. zu dem Selbst, das Will in ihr gesehen hat, als Louisa noch gar nicht wusste, was in ihr steckt. Das war schön zu lesen und spannt irgendwie auch einen Bogen zum ersten Buch. Jojo Moyes kann Emotionen nachvollziehbar und echt schildern, ohne dass es je kitschig oder rührselig wird. Egal ob Haupt- oder Nebenfiguren: Alle Charaktere wirken greifbar und lebendig, sie schildert sie ausnahmslos authentisch. Damit hat sie mich wieder begeistert und ich habe „Mein Herz in zwei Welten“ sehr zufrieden beendet. Mir erscheint die Geschichte jetzt wirklich auserzählt, aber sollte die Autorin Louisa noch ein viertes Buch widmen, werde ich vermutlich trotzdem nicht widerstehen können.

Verlag: Wunderlich
Seitenzahl: 592
Erscheinungsdatum: 23. Januar 2018
ISBN: 978-3805251068
Preis: 22,95 € (Taschenbuch: 12,- €, E-Book: 9,99 €)

27. November 2019

Christian Torkler: Der Platz an der Sonne

Harter Perspektivwechsel

Der 1978 geborene Josua wächst vaterlos in einem Entwicklungsland auf. Seine gottesfürchtige Mutter schafft es mit verschiedenen Gelegenheitsjobs gerade so, ihre drei Kinder zu ernähren, aber eine Wohnung mit fließendem Wasser oder eine höhere Schulbildung kann sie ihnen nicht ermöglichen. Nach seiner Schulzeit arbeitet sich Josua vom Straßenverkäufer zum Parkplatzwächter hoch und fährt irgendwann sogar Taxi. Manchmal erscheint ihm das Glück zum Greifen nah, doch das Schicksal schlägt immer wieder zu und in einer hoch korrupten Diktatur und Mangelwirtschaft ist es nahezu unmöglich, etwas auf die Beine zu stellen. Dabei will Josua doch nur raus aus Elend, Schmutz und Hoffnungslosigkeit. Aber kann ihm das in seiner Heimat überhaupt gelingen – oder ist der einzige Ausweg die Migration ins gelobte Land auf der anderen Seite des Mittelmeers?


Soweit, so bekannt, mag der ein oder andere jetzt denken – aber Stopp! Christian Torkler beschreibt in „Der Platz an der Sonne“ nicht die Geschichte eines afrikanischen Flüchtlings, der von Europa träumt. Im Gegenteil: Jousa Brenner wächst in Berlin auf, der Hauptstadt der Neuen Preußischen Republik, die nach drei Weltkriegen immer noch halb in Schutt und Asche liegt, obwohl die reichen afrikanischen Demokratien Entwicklungshilfe leisten und nairobische Partnergemeinden neue Kirchendächer spendieren. Sehnsuchtsziel von Josua und seinen Kumpels ist dann auch Matema im reichen Tanganyika: „Wenn wieder einer weg war, hieß es, der ist in den Süden …“. Doch in seinem leicht schnodderigen Tonfall, der sich durch das gesamte Buch zieht, schildert er auch gleich den Haken an der Sache: Die reichen schwarzen Bongos wollen keine Armutsflüchtlinge. Aber was hat ein perspektivloses Weißbrot wie er schon zu verlieren?

Torkler betreibt den Perspektivwechsel in „Der Platz an der Sonne“ in einer so detaillierten Konsequenz, dass er mir richtig an die Nieren gegangen ist. Gedanklich nachzuvollziehen, warum ein afrikanischer Flüchtling nach Deutschland kommt, ist das eine – vom Elend im Entwicklungsland Preußen und der Sehnsucht nach Afrika zu lesen, aber etwas völlig anderes. Es braucht kaum noch Fantasie, um sich dieses im Roman sechsgeteilte Deutschland, in dem so einiges schiefgelaufen ist, vorzustellen: den Dreck, die nach drei Kriegen kaum wiederaufgebaute Infrastruktur, Kriegsruinen, schimmelige Wohnungen, scharfe Grenzen und ein komplett korruptes System. Torkler führt seinen Lesern gnadenlos vor Augen, was für ein großer Zufall es ist, in welche Verhältnisse man geboren wird und dass es gar nicht so viele historische Fehlentscheidungen braucht, um ein Land im Chaos versinken zu lassen. Dass die vage Hoffnung auf eine bessere Zukunft reichen kann, um alles hinter sich zu lassen, wird äußerst nachvollziehbar illustriert. Genau wie das Fluchtthema: Hier soll es in umgekehrter Richtung übers Mittelmeer gehen – doch schon der Weg zur Küste ist eine grausame Odyssee, die ihre Opfer fordert.

„Der Platz an der Sonne“ hat mich stellenweise kalt erwischt und ziemlich deprimiert. Torkler schildert schonungslos, wie das Leben in einem gänzlich anderen Deutschland aussehen könnte. Keine Feelgood-Lektüre, sondern ein harter Perspektivwechsel, der sich absolut lohnt. Man kann seine Komfortzone auch lesend verlassen – und weil Torkler einen auf jeder einzelnen Seite dazu zwingt, bereichert dieses Buch mindestens so sehr, wie es verstört.

Verlag: Klett-Cotta
Seitenzahl: 592
Erscheinungsdatum: 2. September 2018
ISBN: 978-3608962901
Preis: 25,00 € (E-Book: 19,99 €)

20. November 2019

Håkan Nesser: Der Verein der Linkshänder

Leider überladen

Vor ein paar Jahren habe ich fast alle Krimis verschlungen, in denen Håkan Nesser seinen Inspektor Barbarotti ermitteln ließ. Dass ich 2011 „Die Einsamen“ las, war eher Zufall, aber danach war es um mich geschehen und ich besorgte mir ein Buch nach dem anderen. Später verlor ich den Autor aus den Augen und freute mich vor ein paar Wochen um so mehr, als ich die Möglichkeit bekam, sein neuestes Buch „Der Verein der Linkshänder“ zu rezensieren, in dem Inspektor Barbarotti sogar in Erscheinung tritt – neben Van Veteeren, Hauptkommissar im Ruhestand, um den Håkan Nesser seine erste, zehn- (jetzt elf-)bändige Krimireihe geschrieben hat.
Ich hatte also hohe Erwartungen, als ich mit „Der Verein der Linkshänder“ loslegte. Doch zunächst fesselte mich der Krimi kaum.


Die Romangegenwart beginnt im Oktober 2012, nicht lange vor dem 75. Geburtstag des ehemaligen Hauptkommissars Van Veteeren, dem dieser ziemlich unbegeistert entgegensieht. Davon lenkt ihn jedoch bald die ihn noch weniger begeisternde Erkenntnis ab, dass ein Vierfach-Mord, den er 1991 aufgeklärt hat, gar nicht aufgeklärt ist. Die Leiche des mutmaßlichen Täters wird gefunden und er scheint am gleichen Tag ermordet worden zu sein wie die, die man für seine Opfer hielt. Plötzlich gibt es also einen 21 Jahre zurückliegenden, unaufgeklärten Fünffach-Mord. Die Opfer gehörten als Kinder und Teenager dem selbstgegründeten „Verein der Linkshänder“ an, hatten sich aber gute zwei Jahrzehnte lang nicht gesehen, bevor sie sich 1991 wiedertrafen – und wenige Stunden später gemeinsam ums Leben kamen.

Dass diese nun ans Licht kommende Verfehlung an Van Veteerens Ehre kratzte, konnte ich verstehen. Dass ein Dreivierteljahrhundert ein Geburtstag ist, den man nicht so einfach wegsteckt, auch. Dennoch ging mir beides bald auf die Nerven, denn Van Veteerens Befindlichkeiten wurden für meinen Geschmack deutlich zu viele Seiten eingeräumt. Aufgelockert werden diese Kapitel durch andere, die 1991 spielen und nach und nach das Wiedersehen der Linkshänder beschreiben. Und schließlich taucht auch noch Inspektor Barbarotti auf – wegen eines anderen Falls und schließlich dem Verdacht, dass alles miteinander zusammenhängen könnte.

Klingt kompliziert? Ist es auch. Und liest sich – nachdem Van Veteerens Geburtstag dann irgendwann vorbei ist und der Krimi doch langsam Fahrt aufnimmt – trotzdem recht gut, denn Håkan Nesser kann prima schreiben, Persönlichkeitsentwicklungen glaubhaft darstellen und spannende Geschichten entwerfen. Diese hier hat mal locker drei ausufernde Nebenhandlungen, die an und für sich alle interessant sind. Dennoch: Für meinen Geschmack will der Autor hier zu viel. Ein neuer Fall, ein alter Fall, ein noch älterer Fall, aktive Polizisten, Polizisten im Ruhestand, die Ehefrau eines Polizisten im Ruhestand, Trauer, Angst, Rache, Schuld … und trotzdem hatte ich noch vor Seite 200 eine Ahnung, wer der wahre Mörder sein könnte. Diese bestätigte sich dann auch gute 400 Seiten später.

Und dann war der Fall zwar aufgeklärt, ließ mich aber mit einigen großen Fragezeichen zurück, weil manche Geschehnisse einfach nicht logisch sind. Ich kann hier kaum Beispiele nennen, ohne zu spoilern, aber ich hatte den Eindruck, dass Handlungsstränge einfach abbrachen, sobald der Erklärungsbedarf zu offensichtlich wurde. Weniger wäre hier wohl mehr gewesen – weniger Schauplätze, Ermittler, Geburtstagsblues und nicht so viele Seiten. Ich denke, das hätte der Geschichte gutgetan.

Verlag: btb
Seitenzahl: 608
Erscheinungsdatum: 23. September 2019
ISBN: 978-3442758159
Preis: 24,00 € (E-Book: 16,99 €)

Ich habe dieses Buch als Rezensionsexemplar erhalten.

14. November 2019

Jostein Gaarder: Genau richtig

Existenzielle Fragen, genau richtig gestellt

Ich hatte schon sehr, sehr lange nichts mehr von diesem Autor gelesen, als mir sein neuestes Büchlein in die Hände fiel und mich durch seine Dicke bzw. „Dünne“ überraschte. In meiner Erinnerung war der Norweger ausschließlich Verfasser langer und komplexer Romane, aber dieser sollte ja auch nur „Die kurze Geschichte einer langen Nacht“ enthalten. Das Cover wirkte gleich vertraut und erinnerte an „Sophies Welt“, „Das Kartengeheimnis“ und all die anderen Bücher des Autors, auf denen ebenfalls Illustrationen von Quint Buchholz abgebildet sind. Also: Ich war gespannt.


Jostein Gaarder wirft seine Leser in „Genau richtig“ ziemlich unvermittelt in die Geschichte: Sie beginnt briefförmig mit „Liebe alle,“ und es wird erst allmählich klar, dass da ein Ehemann, Vater und Großvater schreibt, der gerade eine Hiobsbotschaft erhalten hat. An einem einsamen, aber vertrauten Ort lässt er nun sein Leben Revue passieren, versucht in Worte zu fassen, was in ihm vorgeht und ringt außerdem um eine Entscheidung.
Wie immer bei Jostein Gaarder geht es dabei längst nicht nur um den Protagonisten, sondern bald auch um das große Ganze: das Universum, den Sinn oder Unsinn des Lebens, die Vergänglichkeit von allem: „Es hat nie ein Sein gegeben, sondern nur ein Werden, denn nichts auf der Welt hat Bestand.“ Der zwischenzeitliche Fatalismus des Ich-Erzählers erwischt den Leser durch solche kraftvollen Sätze mit voller Wucht. Auch auf 128 Seiten bringt Gaarder mühelos die großen Fragen der Menschheit unter, er schont Protagonisten und Leser in keiner Weise. Und schafft es dennoch, schließlich versöhnliche Töne anzuschlagen.

Für existentielle Themen findet Gaarder genau den richtigen Ton. Was die Dialoge in der Geschichte angeht, hatte ich ab und an den Eindruck, dass ihm die zwischenmenschlichen Untertöne nicht ganz so perfekt gelingen, aber das stört kaum und die meiste Zeit hält der Erzähler eh nur Zwiesprache mit sich selbst. Und so ist diese Geschichte, gerade gemessen an der Schwere ihres Themas „genau richtig“ und enthält viele kluge Gedanken.

Verlag: Hanser
Seitenzahl: 128
Erscheinungsdatum: 22. Juli 2019
ISBN: 978-3446263673
Preis: 16,00 € (E-Book: 11,99 €)

6. November 2019

Shari Lapena: Der zehnte Gast

Kurzweiliger Krimi im Christie-Stil

Das war bereits mein zweiter Thriller (bzw. eher Krimi) von Shari Lapena. „The couple next door“ hatte ich in gemischter Erinnerung: Durchaus spannend, aber mit Längen und auch Schwächen, vor allem in der Auflösung. Etwas vorsichtig ging ich daher an das neueste Buch der Autorin heran und war gespannt, ob mich das Ende dieses Mal nicht nur verblüffen, sondern auch überzeugen könnte. Umgehauen hat es mich nicht, war aber solide.


Shari Lapenas Setting in „Der zehnte Gast“ erinnert an ein Cosy Crime von Agatha Christie: Ein eingeschneites Luxushotel in der kanadischen Einöde, weder alle erwarteten Gäste noch das komplette Personal haben es rechtzeitig vor dem Eissturm ins Mitchell’s Inn geschafft. So sind nur sechs Zimmer belegt: Zwei junge Paare, ein älteres, eine Autorin und ein Staatsanwalt freuen sich mehr oder weniger auf ein weißes Wochenende. Der Inhaber und sein Sohn sind zuversichtlich, ihren Gästen auch unterbesetzt einen wunderschönen Aufenthalt bieten zu können. Doch bereits in der ersten Nacht fällt eissturmbedingt der Strom aus – und morgens wird eine Leiche gefunden …

„Der zehnte Gast“ enthält vieles, was einen guten Krimi ausmacht. Die überschaubare Anzahl an sehr unterschiedlichen Figuren hat mir gefallen, teilweise hätte ich mir die Charaktere allerdings etwas mehrdimensionaler gewünscht. Der ein oder andere Protagonist war mir zu schwarzweiß gezeichnet und so richtig sympathisch wird eigentlich auch keine der Figuren. Ordentlich Spannung kommt aber trotzdem auf, vor allem, da Lapena ihre Leser immer wieder in verschiedene Perspektiven schlüpfen lässt. Dadurch wird schnell klar: Mehr als einer der Anwesenden hat etwas zu verbergen. Aber macht das auch einen von ihnen zum Mörder?

Das Miträtseln hat mir Spaß gemacht und ich tappte lange – sehr lange – im Dunkeln und habe die Auflösung nicht kommen sehen. Das vielleicht etwas viel Zufall im Spiel war – geschenkt. Insgesamt ist „Der zehnte Gast“ solide Krimiunterhaltung an einem kalten Winterabend und lässt einen kaum mehr los, wenn man sich erstmal eingelesen hat. Mit Agatha Christie kann Lapena vom Raffinessegrad her nicht mithalten, aber es kann eben auch nur eine Queen of Crime geben (und, wie schon mal festgestellt: Auch die war nicht unfehlbar).

Verlag: Bastei Lübbe
Seitenzahl: 320
Erscheinungsdatum: 31. Oktober 2019
ISBN: 978-3431041279
Preis: 12,90 € (E-Book: 4,99 €)

Ich habe dieses Buch als Rezensionsexemplar gelesen.

30. Oktober 2019

Bernhard Aichner: Der Fund

Grandioser Pageturner voller Wahnwitz

Dieser Thriller ist ein echtes Juwel. Das Cover sieht unscheinbar aus, doch in dem gelben Buchblock verbergen sich jede Menge Wahnwitz und Originalität. Der Erzählstil ist komplett ungewöhnlich. Kurz gesagt: Bereits nach wenigen Seiten bekam ich eine Ahnung vom Potential dieser Geschichte, die mich dann auch postwendend süchtig werden ließ.


„Der Fund“, um den es in dem gleichnamigen Thriller von Bernhard Aichner geht, wird von Supermarktverkäuferin Rita gemacht. Die unscheinbare und unbescholtene Mittfünfzigerin hat etwas entdeckt und entwendet – eine Entscheidung mit tödlichen Folgen: Bereits zu Beginn des Buches ist klar, dass Rita eines unnatürlichen Todes gestorben ist. Aber was ist bloß passiert?

Das fragt sich auch ein männlicher Ermittler, über den sonst absolut nichts zu erfahren ist. Kapitel mit wörtlicher Rede – der Ermittler fragt, die oder der Befragte antworten – wechseln sich mit Rückblenden aus Ritas Leben ab. Die Kapitel sind kurz, der Erzählstil temporeich und die vielen Befragungen ergeben jede Menge Puzzlestücke – einzelne Anekdoten, von denen viele nicht zusammenhängen. Oder doch?

Die Ausgangssituation von „Der Fund“ ist so simpel wie der Plot einzigartig. Überdies ist Bernhard Aichner ein Meister des Menschlichen – er schildert Ängste, Sehnsüchte, Abgründe und Leidenschaften so lebendig, dass man die Figuren richtiggehend vor sich sieht. Und wann immer man denkt, man hätte die Geschichte endlich durschaut, vollführt der Autor eine 180 Grad-Wendung, die nicht vorhersehbar war und alle Ideen zum Einsturz bringt. Ein ungewöhnlicher, grandios erzählter Pageturner, der etwas wagt und alles gewinnt. Ich bin immer noch begeistert.

Verlag: btb Verlag
Seitenzahl: 352
Erscheinungsdatum: 30. September 2019
ISBN: 978-3442757831
Preis: 20,00 € (E-Book: 14,99 €)

Ich habe dieses Buch als Rezensionsexemplar erhalten.

14. Oktober 2019

Veronika Peters: Die Dame hinter dem Vorhang

Von einer Dame, die ihrer Zeit voraus war

Nachdem ich gerade erst mit Annette von Droste-Hülshoff ins frühe 19. Jahrhundert eingetaucht bin, habe ich nun schon den nächsten Roman über eine Literatin gelesen, die ihrer Zeit weit voraus war. Im Gegensatz zur Droste sagte mir Edith Sitwell allerdings gar nichts, bis ich dieses vom Wunderraum Verlag farbenfroh-hübsch gestaltete Buch zur Hand nahm. Dabei war die 1887 geborene Engländerin ein Paradiesvogel ihrer Zeit und hatte ein für eine Frau damals ungewöhnliches Leben: Sie verfasste schon als Kind erste Werke, machte exzentrische Auftritte zu ihrem Markenzeichen, heiratete niemals und wurde 1954 vom Britischen Königshaus zur Dame geadelt.


Veronika Peters stellt Edith Sitwell in ihrem Buch „Die Dame hinter dem Vorhang“ gleich zwei ergebene Freundinnen zur Seite, die sie langjährig begleiten: Die erste ist Emma Banister, Gärtnertochter auf dem Adelssitz Renishaw, wo Familie Sitwell lebt. Emma ist sechs Jahre älter als Edith, doch die Mädchen freunden sich trotzdem heimlich an – was wohl vor allem daran liegt, dass „die kleine Miss E.“ Sitwell ein zutiefst einsames Kind ist, von seinem Vater mit Nichtbeachtung und seiner Mutter gar mit Verachtung gestraft. Emma bleibt viele Jahre die Vertraute von Edith und arbeitet schließlich als Hausmädchen im Herrenhaus.
Jahrzehnte später – und das ist der Beginn dieses nicht immer chronologisch erzählten Romans – bittet die inzwischen auf die 40 zugehende Edith Sitwell ihre Kindheitsfreundin, deren Tochter Jane Banister, knappe 18 Jahre alt,  als Hausmädchen einstellen zu dürfen. Aus Sicht dieser Jane, die ab da ihr Leben an der Seite von Sitwell verbringt, ist dieses Buch dann auch geschrieben. Es handelt von Freundschaft, Loyalität und Fürsorge und es hat mich fast geschmerzt, dass beide Banister-Frauen reine Erfindung sind. Sie habe ich in „Die Dame hinter dem Vorhang“ gut kennengelernt, während mir die Hauptfigur Edith Sitwell mit ihren Schrullen, Launen und Eigenarten doch ein Rätsel blieb. Als Dame Edith Alter und Möglichkeiten erreicht hatte, dem nachzugehen, was ihre Berufung war – Schreiben, Vortragen, Inszenieren, Fördern – hatte sie schon viele Verletzungen erlitten, war gewohnt, sich zu inszenieren und hinter einer dramatischen Fassade zu verstecken. Was wirklich in ihr vorging, wusste wohl kaum jemand. Veronika Peters Roman ist eine Hommage an ein exzentrisches Unikat, die sich federleicht lesen lässt, obwohl Dame Edith nicht wirklich greifbar wird. Allerdings habe ich mich insgeheim doch gefragt, ob dieses Buch der Künstlerin nicht viel zu brav und unaufgeregt gewesen wäre.

Verlag: Wunderraum
Seitenzahl: 288
Erscheinungsdatum: 23. September 2019
ISBN: 978-3336548088
Preis: 20,00 € (E-Book: 14,99 €)

Ich habe dieses Buch als Rezensionsexemplar erhalten.

3. Oktober 2019

Agatha Christie: The Murder on the Links

Solider Fall mit irritierender Nebenhandlung

Hätte Agatha Christie Liebesromane geschrieben, würde sich heute kein Mensch mehr an ihr Werk erinnern – spätestens nach der Lektüre dieses Krimis bin ich davon überzeugt. Sicher hat man 1923, als dieses Buch auf Englisch erschien, anders über Zwischenmenschliches berichtet als heute. Dennoch: Die von Christie geschilderten Verbrechen scheinen fast zeitlos, wirken auch heute weder durchschaubar noch antiquiert. Beschreibt die Autorin dagegen Flirts und Liebesschwüre, wird zumindest mir ganz anders vor lauter Fremdscham.


Agatha Christies „The Murder on the Links“ ist eigentlich ein vielversprechender Fall: Poirot und seinen getreuen Gefährten Hastings ereilt der schriftliche Hilferuf eines in Frankreich lebenden Millionärs, der um sein Leben zu bangen scheint, jedoch in seinem Brief nicht ins Detail geht. Und obwohl sich der belgische Detektiv und sein Kompagnon direkt auf den Weg machen, treffen sie Herrn Renauld nicht mehr lebend an. Er wurde nachts auf dem Golfplatz erstochen. Seine Frau ist am Ende, sein Sohn verschweigt etwas, ein französischer Detektiv versucht, Poirot die Schau zu stehlen. Außerdem mischen gleich mehrere junge Frauen mit. Und so ist in „The Murder on the Links“ ganz schön was los. Der Fall ist ziemlich verzwickt, und zugegebenermaßen auch etwas überkonstruiert. Aber das hat mich kaum gestört. Und richtig gut gefallen hat mir, dass Poirot, anders als in Christies späteren Werken, nicht nur kryptische Andeutungen zu seinen Ermittlungen von sich gibt, sondern seine Gedanken mehrmals zumindest in Ansätzen teilt. Als ich dann nach 60% des E-Books einen plausiblen Verdacht hatte, was geschehen sein könnte, war ich fast stolz – das passiert mir bei Christie-Krimis eher selten.
Als nach 69% des Buches allerdings Poirot-Freund Hastings eine ähnliche Idee kam, desillusionierte mich das ziemlich. Denn wenn selbst er etwas merkt, muss die Sache einen Haken haben. Im Wikipedia-Eintrag zu „Mord auf dem Golfplatz“ steht, dass Christie selbst zugegeben hat, diese von ihr geschaffene Figur nicht zu mögen – kein Wunder. Es ist in der Kriminalliteratur kein Einzelfall, dass ein ermittelndes Genie einen loyalen Freund hat, neben dem es umso mehr glänzt, ohne die Bodenhaftung ganz zu verlieren. Aber Arthur Hastings stellt sich in „The Murder on the Links“ stellenweise so treudoof-dumm an, dass die Lektüre schon fast wehtut.
Apropos Wehtun: Und dann gibt es hier auch noch eine Liebesgeschichte, die zumindest aus heutiger Sicht so gar nicht überzeugt. Die „Queen of Crime“ wäre sicher niemals eine „Queen of Love“ geworden. „The Murder on the Links“ war allerdings auch erst ihr dritter Krimi, sie stand noch am Beginn ihrer Karriere. Es war übrigens auch ihr erstes auf Deutsch erscheinendes Buch (1927). Vielleicht muss man es als Frühwerk betrachten.
Habe ich „The Murder on the Links“ nun gerne gelesen? Trotz allem ja. Würde ich das Buch empfehlen? Wohl nur Christie-Fans.

Verlag: Harper Collins
Seitenzahl: 319
Erscheinungsdatum dieser Ausgabe: 21. Mai 2015 (Erstausgabe: 1923)
ISBN: 978-0008129460
Preis: 7,99 € (E-Book: 1,07 €)

23. September 2019

Dror Mishani: Drei

„Bitte, liebe Leserinnen und Leser, versucht die Rezensionen so zu verfassen, dass das Geheimnis von Drei nicht enthüllt wird“ – so die Bitte des Diogenes-Verlags, die den Leseexemplaren dieses Romans beilag. Der genannte Wunsch machte mich schon einmal sehr neugierig auf das Buch – wie auch die Leserstimme auf dessen Rücken: „Rund um Mishanis neuen Roman Drei gibt es einen Hype, als ginge es um die neueste Staffel Game of Thrones.“ Tatsächlich stand dieses Buch mehrere Monate auf Platz 1 der israelischen Bestsellerliste (obwohl es mit Drachen, Schlachten, Fantasy absolut nichts zu tun hat). Aber was hat es denn nun mit diesem Hype auf sich?


Der von Dror Mishani geschriebene Roman „Drei“ handelt von drei in Israel lebenden Frauen, jeder von ihnen ist ein Abschnitt gewidmet. Orna, Emilia und Ella lernen jeweils denselben Mann kennen – einen Anwalt namens Gil Chamtzani. Die Auslöser für ihre Begegnungen sind unterschiedlich, wie sich auch alle von ihnen in unterschiedlichen Situationen befinden. Obwohl Gil die Konstante ist, die in jedem Abschnitt eine Rolle spielt, stehen die Frauen ganz klar im Fokus. Und sie sind Dror Mishani richtig gut gelungen; er proträtiert ihr Innenleben sehr einfühlsam und äußerst nachvollziehbar: Selbstverständnis, Sehnsüchte, Verletzungen und Ängste. Das Nachwort besteht aus einem Interview mit dem Autor, in dem er nach der Herausforderung gefragt wird, als Mann aus der Perspektive von Frauen zu schreiben. Seine Antwort finde ich spannend: „Wenn ich über männliche Figuren schreibe, ähneln sie immer mir. Meine weiblichen Figuren sind ganz anders als ich und sie unterscheiden sich auch untereinander.“
Mishani kennt seine Frauenfiguren in- und auswendig und gibt ihnen viel Raum. Die Gedanken von Gil lernt der Leser dagegen nicht kennen, was ich etwas bedauert habe.

Doch was ist nun das Besondere an „Drei“? Das Unvorhersehbare, das ich hier nicht andeuten will. Die von Mishani kreierten Richtungswechsel. Die Frauen, die mich beim Lesen nicht mehr losgelassen haben. Das „Hätte, Wäre, Würde“-Kino, das der Roman in meinem Kopf ausgelöst hat. „Drei“ ist ein intensives Leseerlebnis und Mishani ein Name, den ich mir merken werde. Übrigens auch, weil momentan gleich zwei Verfilmungen geplant sind: eine israelische TV-Serie und ihre internationale Adaption. Das sind doch Aussichten!

Verlag: Diogenes
Seitenzahl: 336
Erscheinungsdatum: 28. August 2019
ISBN: 978-3257070842
Preis: 24,00 € (E-Book: 20,99 €)

Ich habe dieses Buch als Rezensionsexemplar erhalten.